„Man muss seine Grenzen abstecken“
Renate Ebeling schenkt den Bewohnern im Seniorenzentrum „Grüner Weg“ ihre Zeit
Frau Ebeling, welches Geschenk machen Sie den Bewohnern?
Ich merke, dass die älteren Menschen jemanden brauchen, der Zeit hat. Das kann das Pflegepersonal in der Form gar nicht leisten. Eine Dame bat mich mal, mich zu ihr zu setzen. Dann hat sie zwei Stunden geredet, und ich habe nur zugehört.
Haben Sie denn so viel Zeit?
Ich habe sehr viele Hobbies und bin gerne unterwegs. Aber ich helfe auch gerne und lasse meine Arbeit schnell mal liegen, wenn hier jemand dringend gebraucht wird, der einen Bewohner zum Arzt begleitet.
Fühlen Sie sich zeitlich eingeschränkt?
Nein. Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich frei und ungebunden sein möchte. Ich komme und gehe, wie es bei mir zeitlich passt.
Wie oft sind Sie hier?
In der Regel zwei bis drei Mal die Woche. Aber wenn ich im Urlaub bin, bin ich auch mal vier Wochen am Stück nicht hier.
Gibt es besondere Begegnungen?
Eine Dame war hier am Anfang sehr verschüchtert. Mittlerweile gehe ich mit ihr regelmäßig spazieren. Dann sind wir bis zu anderthalb Stunden unterwegs. Sie freut sich so sehr an der Natur, an jeder Blume. Es ist schön für mich, ihr das zu ermöglichen.
Sind schon Freundschaften daraus entstanden?
Ich wahre da gerne etwas Abstand. Ich betone immer, dass ich ehrenamtliche Mitarbeiterin bin und bleibe konsequent beim „Sie“. Ein Stück weit schütze ich mich damit, zu sehr eingebunden zu werden.
Erfüllen Sie besondere Wünsche?
Im Bereich des Möglichen ja. Wenn jemand mal durch ein Kornfeld streifen möchte, dann mache ich da gerne mit. Einen Marktbesuch oder längere Zeit am Teich zu verbringen, ist auch kein Problem. Ich packe dann ein paar Kekse ein und wir machen es uns da schön. Bei einem gemeinsamen Urlaub oder Tagesausflug sage ich allerdings nein. Man muss seine Grenzen abstecken.
Sie werden gerne gerufen, wenn jemand neu eingezogen ist. Was sagen Sie den Menschen?
Ich verfüge über ein ganz gutes Einfühlungsvermögen. Was immer hilft, ist, wenn ich den neuen Bewohnern sage, dass ich später auch mal hier einziehen werde. Und dass es hier doch sehr schön ist. Ich denke, es ist gut, wenn man sein Leben und sein Schicksal annimmt und nicht damit hadert.